Sprach- und Sprechstörungen sind in der Regel neurologische, zentral oder peripher bedingte Störungen der Artikulationsorgane, die mit mangelnder Artikulationsschärfe oder -geschwindigkeit einhergehen oder auch oft durch einen Schlaganfall verursachte Aphasien (Verlust der Sprache). Die aphasische Störung, die zu einer schweren Behinderung des täglichen Lebens führen kann, beeinträchtigt in der Regel alle vier Sprachmodalitäten: die Sprachproduktion und/oder das Sprachverständis, das Lese- und das Schreibvermögen. Verursacht werden diese Störungen z.B. durch Cerebrale Durchblutungsstörungen (Schlaganfall – bei etwa 80% der Fälle), Hirntumore, während oder als Folge von Hirnoperationen, Schädel-Hirn-Traumata, Cerebrale entzündliche Prozesse (wie Enzephalitis oder Meningitis), degenerative neurologische Erkrankungen (wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Amyothrophe Lateralsklerose, Myastenia gravis ...). Auch lokale organische Schädigungen mit Störungen der Mund- und Gesichtsmuskulatur wie bei bei Zahn- und Kieferfehlstellungen oder Facialisparesen können auftreten.
Dysarthrien sind Störungen der Ausführung der Sprechbewegungen aufgrund neurologischer Schädigungen, die in rechter oder linker Gehirnhälfte, im Kleinhirn, Hirnstamm und/oder den die Sprechmuskulatur versorgenden Nervenbahnen auftreten können. Nach einer Schädigung dieser Gehirnareale kommt es oft zu Lähmungen der rechten Körperseite, die die Hand, den Arm, das Bein oder die gesamte rechte Körperseite betreffen. Viele Patienten leiden auch an der Lähmung einer Gesichtshälfte. Dabei wirkt die Mimik verzerrt und der Mund kann nicht mehr geschlossen werden, was die Nahrungsaufnahme zusätzlich erschwert. Die Symptome einer Dysarthrie können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und äußern sich durch eine gestörte Artikulation mit verwaschener Aussprache, veränderten Stimmklang (z.B. Näseln), monotone Sprechweise oder veränderten Sprechrhythmus (sehr langsam oder zu schnell), Änderungen in der Lautstärke, vermehrte oder verminderte Speichelproduktion oder Atemprobleme mit verminderter Atemkapazität.
Sprechapraxien sind Störungen der Planung der Sprechmotorik, die nicht durch eine Funktionsbeeinträchtigung der am Sprechen beteiligten Organe zu erklären sind. Sie treten oft als Komorbidität zu Aphasien oder Dysarthrien auf. Die Sprechapraxie äußert sich durch Auffälligkeiten in der Lautbildung, artikulatorische Suchbewegungen und sichtliche Sprechanstrengung. Auch wenn keine Lähmungen vorliegen, ist der Betroffene dann z.B. nicht mehr in der Lage, mimische Bewegungen auszuführen, nach Aufforderung den Mund zu spitzen oder zu pfeifen, obwohl ihm das spontan gut gelingt (unwillkürliche Bewegungen gelingen, willkürliche nicht).
Wenn Wortfindungsstörungen vorliegen, ist es für den Patienten schwierig oder unmöglich, etwas zu benennen. In der Spontansprache fällt dies durch Gesprächspausen und Suchverhalten auf, auch durch häufige Umschreibungen oder die Verwendung von Ersatzwörtern. Mit phonologischen Hilfen (Anlaut oder erste Silbe des Wortes werden vorgegeben, z.B. »St _ _ _« für »Stamm«) oder semantischen Hilfen (z.B. einen inhaltlichen Zusammenhang, »Der Apfel fällt nicht weit vom _ _ _ _ _«) kann der Patient bei der Wortfindung unterstützt werden.
Durch Ersetzung, Auslassung, Hinzufügung oder Umstellung können Wörter in ihrer Lautstruktur nur leicht verändert sein (z.B. »Hasten huben« statt »Husten haben«) oder so stark, dass sie nicht mehr verständlich sind.
Ein Wort kann nicht mehr genannt werden und der Patient ersetzt es durch ein anderes, dem Zielwort mitunter in der Bedeutung ähnliches (z.B. »Tisch« statt »Stuhl«), oder völlig neue Wörter entstehen.
Die schwerste Form hier sind jargonartige Äußerungen und Redeabschnitte, die für den Kommunikationspartner unverständlich sind. Z.B. wird bei Sprechversuchen wiederkehrend eine Silbe, ein Wort oder eine Phrase produziert, ohne dass dies kontrolliert werden kann. Auch Zahlen, Wochentage, Monate, der eigene Name und die Adresse können auftauchen. Es treten auch Echolalien auf, bei denen der Betroffene den Kommunikationspartner zwanghaft wiederholt.
Es werden grammatikalisch inkorrekte Sätze gebildet, wobei es z.B. zu Abbrüchen oder -verschränkungen, Auslassungen, Verkürzungen oder Verdoppelungen, und Wortstellungsfehlern im Satz kommen kann.
Ziel aller therapeutischen Bemühungen ist die Wiederherstellung der kommunikativen Fähigkeiten, was nicht immer möglich ist. Für Personen mit schweren Aphasien erarbeiten wir Hilfsmittel für die Verständigung, passen sie den jeweiligen individuellen Bedürfnissen an und geben Hilfestellung bei der Anwendung zu Hause und im Alltag. Mögliche neurologische Begleiterscheinungen wie Hemianopsien, Agnosien, Apraxien, rasche Ermüdung, Reizbarkeit und Gefühlsschwankungen finden dabei besondere Beachtung. Wir beraten Angehörige und üben mit den Patienten den Einsatz dieser Kompensationsstrategien.